Ringelschwanz (I)
Einst saß ich unterm Weihnachtsbaum, als mir die Käuzchen sangen. Ich hatte einen frommen Traum von rosenroten Wangen. Es war ein Bild, der Freuden reich: Ein Wesen schien mir, engelsgleich, von Haaren blond umfangen! Auch lag da etwas in der Luft – wie Marzipan! Und Rosenduft! Von Äuglein träumt’ ich, sanft und schön, die Seele schier darin zu seh‘n! Den Busen fühlt‘ ich, weich und rund. Und hinten dran – bei Kunigund! Doch scheint mir, ihr versteht nicht ganz: Sie hatte einen Ringelschwanz!
Da sprach der Träume Gott zu mir: Ein Schwein ist doch ein gutes Tier! Ein rosa Schwein ist wie das Glück: Es läuft davon und kommt zurück!
Da rührte mich ein Schauern: Wird diese Freude dauern? Und jene bange Frage, wie alles enden mag! Ob auf des Schicksals Waage für uns ein Goldstück lag! Gewinnen und verschwenden, es liegt in unsren Händen der Lohn so vieler Tage!
Lulu!
Ringelschwanz (II)
Und weiter sprach der Gott zu mir: Ein Schwein ist doch ein gutes Tier, das auch dem braven
Rittersmann in vieler Hinsicht nützen kann! Wir atzen und wir laben von seinen reichen Gaben. Auch brauchst du oft ein wenig Schwein, um so fürbass zu leben, um dieses Daseins süßen Wein, den
blonden Quell zu heben!
Du trägst das Glück in jeder Hand und stehst auf beiden Beinchen! Dem Menschen ist kein Tier verwandt so nahe wie das Schweinchen!
Ein Mädchen mag, ein Menschensohn sein zartes Grunzen spüren! Auch plant die Medizin ja schon, sein Herz zu transplantieren! Auch andere Organe steh’n längst auf ihrem Plane! Sogar die sanften Äugelein schenkt gerne uns das liebe Schwein! Dann wäre er, der Mensch, ein Tier. Er hätte bald der Beinchen vier. Und keine Seelenschmerzen in seinem Schweineherzen!
So dacht‘ ich unterm Weihnachtsbaum, als mir die Käuzchen sangen. Ich träumte einen frommen Traum von einem Wesen engelsgleich mit rosenroten Wangen! Doch die Moral? Es passt nicht ganzdas wahre Glück zum Ringelschwanz!
Lulu!
Kuni-fechs